StartseiteInterviews

Frage: Mit eurer neuen Platte seid ihr zu euren Ursprüngen zurückgekehrt. War es eine bewusste Entscheidung, von dem heavy produzierten Sound der späten Prime Movers und Planet wegzukommen?

Graham: Es überrascht mich, dass du das Planet-Album heavy produziert findest. Dabei ist es im Gegenteil total abgefuckt, weil ich keine Effektgeräte einsetzen durfte. Wenn überhaupt, war es absolut unter-produziert, im Stil einer trockenen, schnöden, pseudo-funky Mode, eben nach Acid-Jazz-Art. Das wollten wir jetzt gerade anders machen. Wir wollten mit einer rohen, energiegeladenen Performance überkommen, die wiederspiegelt, was wir in letzter Zeit gemacht haben, weshalb wir überhaupt wieder zusammengefunden haben.

Frage: Es gibt da ein deutliches Zurückschwenken auf den garagen-Sound der Prisoners und der frühen Prime Movers.

Graham: Jedes Album reflektiert es die Art von Musik, auf die man gerade steht. Und ich glaube, der Umstand, dass ich wieder mit Big Alan und Wolf zusammen bin, hat wieder diese Energie erzeugt, besonders an den Stellen, wo nur wir drei zu hören sind. Es beschwört Erinnerungen an die ursprünglichen Prisoners und die ursprünglichen Prime Movers herauf. Beide Bands haben als Trio begonnen, die rohe Punkrock- Versionen von Sixties-Garage-Musik gespielt haben. Und genau das tun wir jetzt auch. Es ist alles, was wir können und was uns interessiert. Es war nie Erfolg oder Geld oder Image.

Frage: Erzähl uns etwas zu deinen Songs. "All Too Much", "Apollo Go-Go" und "Hold Your Head Up" sind schon älter, oder?

Graham: Das älteste Stück auf der Platte ist "All Too Much", das ich geschrieben habe, als ich noch in der Brompton Lane gewohnt habe. Das war 1987. "Apollo Go-Go" hieß erst "The Morning After the Night of The Nazgul", als Fay 1990 bei den Movers einstieg. "Mary" entstand in der Planet-Zeit, so etwa 1996. Und "Hold Your Head Up" schrieb ich für das ursprünglich geplante
Prisoners-Album, während unserer jüngsten Abenteuer 1997. Außer "Medicine Spoon" und "Medway", die kurz nach der Gründung der Flares entstanden, schrieb ich alles andere buchstäblich innerhalb der letzten beiden Wochen bevor wir die Platte aufgenommen haben. Es könnte also nicht frischer sein! Ich glaube, ich habe unter Druck immer am besten gearbeitet. Man hat dann auch nicht genügend Zeit, sich von seinen eigenen Liedern nerven zu lassen, indem man sie zu Tode spielt.

Frage: Kommen wir zu den Inhalten deiner Songs. "Out Of Our Minds" beschäftigt sich mit der Ökologie, ähnlich wie "No Respect" von der ersten Prime-Movers-LP. "Brompton Lane" erzählt von einer schwierigen Phase deines Lebens. "Stargazing" scheint von der Bedeutungslosigkeit der Menschheit im großen Spiel der Dinge zu handeln.

Graham: Ich glaube, man kann immer nur über einen begrenzten Bereich schreiben. Wenn du nicht gerade ein Genie oder einer von diesen anspruchsvollen Wichsern bist, glaubst du, was du glaubst, und es gibt nur wenige Wege, das auszudrücken. In der frühen Zeit waren die einzigen Dinge, die mich interessierten, Mädchen und alles, was damit einherging. Was auf dem neuen Album zu hören ist, geht hauptsächlich auf den Tod meiner Mutter Mary vor zehn Jahren zurück, denn dadurch bin ich zum Philosophieren über das Leben und seine Bedeutung (oder Nicht-Bedeutung) gekommen. "Brompton Lane" war der erste Ort an den Fay und ich zogen, nachdem sich die Prisoners und Makin' Time aufgelöst hatten. Zu der Zeit hatten wir weder ein festes Einkommen noch irgendwelche Aussichten darauf - ein echter Wendepunkt. Wir hätten alles oder nichts haben können, je nachdem wie man es betrachten will. Ich glaube, die Leute waren schockiert, als sich die Prisoners auflösten. Oft wird gesagt, dass wir den Durchbruch geschafft hätten, wenn wir nur weitergemacht hätten. Das glaube ich nicht. 1986 galten wir immer noch als Retro-Band. Bands wie die Stone Roses und die Charlatans kamen vor 1989 auch nicht groß raus. Und wir hätten keine sechs Monate länger zusammenbleiben können, sonst hätten wir uns gegenseitig in Fetzen gerissen. Es wurde alles immer mehr vom Geld bestimmt. Und wir waren Gefangene einer Mod-Szene, die sich ausschließlich für sich selbst interessierte und nicht für die Musik. Ich erinnere mich an einen gut besuchten Gig in Colchester. Irgendwann machte jemand einen Fernseher auf der anderen Seite der Halle an und der größte Teil der Besucher drehte sich um, um das zu gucken. Ich glaube, es lief "Ready Steady Go" oder so etwas. Dass uns das Spielen jetzt mehr Spaß macht denn je und dass wir jetzt so ein No-Bullshit-Album" machen konnten, wäre nicht möglich gewesen, wenn wir uns vor 13 Jahren anders entschieden hätten.

Frage: Du, Allan and Wolfie haben sich über die Jahre zu einer kompakten Einheit entwickelt. Ihr drei spielt wohl noch, wenn ihr 60 seid! Warum haltet ihr schon so lange zusammen?

Graham: Mit Allan und Wolf zu arbeiten macht einfach Spaß. In Augenblicken, als ich alles zu ernst genommen habe, waren sie es, die mich auf den Boden zurückgeholt haben. Nach den Prisoners habe ich zuerst geglaubt, ich würde nie wieder spielen wollen. Sie waren es, die mich überredeten, die Prime Movers aufzumachen. Die erste Prime-Movers-Platte war eine Reaktion auf die Art und Weise wie wir behandelt wurden. Vielleicht nicht von den Texten her, weil mir das predigen nie gefallen hat, sondern eher die Art und Weise, wie wir gespielt haben. Lustigerweise haben wir jetzt zehn Jahre später genau das selbe gemacht, nur, dass wir heute besser drauf sind als damals. Wir sind stolz, dass wir noch immer ein erstes Album machen können, dass sich anhört, als wäre es von einem Haufen Schul-Kids. Ich bin gerade zurück von einem Konzert mit den Mighty Caesars in Las Vegas und es war mal wieder wie immer. Es dreht sich mehr um eine Szene als um die Musik, und das, obwohl mehr als 20 Bands übers Wochenende verteilt spielten. Interessant
ist, wie viele 60er-Jahre-Bands immer wieder aus der Gruft geholt werden an solchen Wochenenden. Sie klingen und sehen aus wie Opas (was sie wahrscheinlich auch sind) und die Fans glauben, sie müssen das gut finden, weil die vor hundert Jahren mal eine gute Platte gemacht haben. Ich hoffe, die Leute sagen mir irgendwann ehrlich, wenn ich mal aufhören soll. Ich wüsste zu gerne, wann es
soweit sein wird. Im Moment glaube ich, klingen wir noch gut, auch wenn wir vielleicht nicht mehr so aussehen, und ich will den sehen, der in der Lage ist, ein ähnlich energiegeladenes und engagiertes Album herauszubringen.

Interviews
Unbekannte Quelle
Letztes Updatesolarflares.deKontakt / Impressum