StartseitePresseberichte

"Die Tradition des Tanzstücks" - Spex, 11/1991

Was würde der Welt fehlen, wenn es damals die Prisoners nicht gegeben hätte? Keine Charlatans, kein James Taylor Quartet. Und vor allem keine Prime Movers.
Während die Charlatans mit "Over Rising" unsere Sympathien endgültig überstrapazieren, erzählt mir Graham Day von einem denkwürdigen Telefonanruf Mitte letzten Jahres. Day gründete mit sechzehn die Prisoners und spielt jetzt bei den Prime Movers Gitarre. Charlatans-Bassist Martin Blunt, '87 noch in Days Formation Gift Horses, rief immer wieder an: "Wie geht's? Was machen die Prime Movers? Kannst du mir eine Kassette schicken?" Day weiter: "Er sagte, sie könnten ihr Album nicht rausbringen, sie hätten nicht genug Songs. Er fragte: 'Könnt ihr uns Lieder leihen?' Fay antwortete darauf, sie könne ihm Lieder verkaufen."
Zuerst gab es die Prisoners. Sie spielten von 1980 bis '86 auf vier LPs, ungezählten Singles und Hunderten von Live-Konzerten tatsächlich jene Grooves, die später von den Manchester-ands übernommen wurden. Day: "Die Inspiral Carpets wollten immer so sein wie wir. Der Organist erzählte mir, nach einer Prisoners-Show hätten sie ihre Band gegründet. Ich kann es kaum glauben. Sie sind so schlecht. Sie haben keine Ideen und keine Energie."
1986 lösten sich die Prisoners auf. James Taylor, Organist, wollte richtig Geld machen und sich im Ruhm aalen. Verschaffte den Prisoners den Dolchstoß mit dem Stiff-Deal. "Für 'The Last Fourfathers', dem besten Prisoners-Album, brauchten wir nur vier Tage. Für 'In From The Cold' drei Monate. Je mehr Zeit du hast, desto mehr hast du auch, um Scheiße zu machen."
James Taylor gründete '88 sein Quartet mit dem alten Prisoners-Basser Allan Crockford und Schlagzeuger Simon Howard. Crockford ist mittlerweile zu Day zurückgekehrt, Taylor zwar berühmt, aber "nicht glücklich", wie Day erzählt. Beide haben immer noch Kontakt.
Martin Blunt spielte schon 1984 mit Fay Hallam in der Mod-Soulpop-Band Makin' Time (zwei LPs). Dann waren sie alle vereint: Blunt Hallam, Day und Brookes (Charlatans) von '86 bis '88 bei den Gift Horses, ideenmäßig Vorläufer der Prime Movers. Aber: "Blunt war als Basser nicht gut genug, die Sache zusammenzuhalten."
Nach dem Gift-Horses-Split nahm Graham Day mit Crockford und Howard ein Demo auf, das dann so gut wurde, dass es als erstes Prime-Movers-Album "The Sins Of The Fourfathers" erschien. Kurze Zeit später stieß Fay Hallam, mittlerweile Frau Day, zu der Gruppe hinzu. Das Düsseldorfer Label Unique veröffentlichte diese Demos mit einer nachträglichen Orgelspur - "das war aber nicht der Sound der Band. Die englische Version ("Cyanide") klingt besser." Nach einer Maxi, "Crystalline" (Unique), die einen "Finding what we're doing process" darstellt und ein verdammt guter Dance-Hit ist, haben die Prime Movers mit ihrer zweiten LP "Earth Church" endlich IHREN Sound gefunden. Da spielen vier Leute, erfahren durch ihre fast zehnjährige Vorgeschichte, ihre Lieder locker aus dem Handgelenk; diese Platte hat GROOVE, nicht solchen, den die Schlagzeuger einprogrammiert bekommen, sondern eben den, der in den Köpfen/Fingern der Musiker drin ist und direkt auf des Hörers Bauch/Beine zielt. Die Songs schließen nahtlos an die Tradition an, mit der die Songwriter Day/Hallam in den Achtzigern experimentierten. Die Tradition des britischen Tanzstücks: Bass und Schlagzeug schwingen, Orgel und Gitarre wechseln - mal verzerrt führend, mal leise untermauernd - zwischen Rhythmus und Melodie, darüber halten klar die melodischen Stimmen die Lieder zusammen. Auch der "Rave"-Prototyp "Hush" wird in der x- ten Version gecovert. Nicht schlecht, aber auch nicht neu. Day: "Ich wollte den Kids nur klarmachen, woher 'The Only One I Know' kommt."

Presseberichte
"Fuck the Sixties" - Marabo 11/1991
Letztes Updatesolarflares.deKontakt / Impressum